polyloq Manifest
Die Architektur als Disziplin entzieht sich simplifizierenden Dichotomien und fordert ein Verständnis, das über den traditionellen Dialog hinausgeht. Sie ist weder ein Monolog, in dem der Architekt alleinige Autorität genießt, noch ein Dialog, der sich lediglich zwischen Bauherr und Architekt abspielt. Vielmehr muss die Architektur als ein Polylog verstanden werden, ein vielstimmiger Diskurs, in dem zahlreiche Akteure und Faktoren miteinander interagieren und in Beziehung treten.
In diesem Polylog treten der Staat und die Politik als wesentliche Akteure auf, indem sie Rahmenbedingungen und Regulierungen vorgeben, die den architektonischen Raum prägen.
Kultur und Geschichte eines Ortes liefern einen narrativen Hintergrund, der die architektonische Sprache und Symbolik beeinflusst. Das Ortsbild – also die bestehende urbane und landschaftliche Struktur – fordert ein sensibles und respektvolles Einfügen neuer Bauten.
Das Marktklima und die globale Friedenslage sind externe Faktoren, die die Machbarkeit und den Umfang von Bauprojekten beeinflussen. Energieversorgung und Rohstoffverfügbarkeit determinieren in kritischer Weise nicht nur die Nachhaltigkeit, sondern auch die ästhetische und funktionale Ausgestaltung der Architektur.
Raumplanung und Klima, sowohl im ökologischen als auch im gesellschaftlichen Sinne, setzen weitere Parameter, die in die Planung einfließen müssen. Ebenso spielen die Nutzer eine zentrale Rolle, deren Lebensbedürfnisse die funktionalen Aspekte der Architektur bestimmen.
Schließlich spiegelt sich im architektonischen Werk stets auch der Zeitgeist wider, der die vorherrschenden Ideen, Werte und Technologien einer Epoche sowie deren gesellschaftliche und kulturelle Strömungen manifestiert.
Der Architekt übernimmt in diesem komplexen Geflecht die Rolle eines Regisseurs, der die verschiedenen Akteure und Perspektiven orchestriert und in einen schlüssigen Entwurf überführt. Dabei handelt es sich nicht nur um eine Reaktion, sondern um einen kreativen Akt, der eine Dimension des Überschreitens umfasst.
Die Bauherrschaft, als gewichtige Teilnehmerin des Polylogs, bestimmt dabei die Prioritäten und Akzentuierungen. Sie setzt die Schwerpunkte und Anforderungen, die in das harmonische Gesamtkonzept einfließen sollen, das den komplexen Ansprüchen aller Beteiligten gerecht wird.
Diese vielschichtige Betrachtung der Architektur als Polylog erweitert das Verständnis von architektonischer Praxis und fordert eine interdisziplinäre und kollaborative Herangehensweise. Nur durch das Einbeziehen und Verstehen der vielfältigen Perspektiven und Einflüsse kann Architektur entstehen, die nicht nur funktional und ästhetisch, sondern auch kulturell und sozial relevant ist.